Bad Gastein und das Hotel Miramonte

Mit etwas Kraft versuche ich die schweren Eingangstüren des Grand Hotel de l´Europe zu öffnen. Leider vergeblich. Ich blicke durch die Scheiben und kann nur erahnen, wie prachtvoll jenes Haus einst gewesen sein muss? Prachtvoll wie Bad Gastein im Allgemeinen. Damals, als noch der Erzherzog Johan von Österreich im Jahr 1822 das erste Mal zur Kur kam oder Kaiser Wilhelm 1.. Oder zahlreiche Politiker, Dichter, Komponisten, Wissenschaftler und Schauspieler.

Spätestens nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich das schlagartig. Anstatt Glamour, kamen fortan Kassenpatienten in den Ort, um sich in den radonhaltigen Thermalbädern auszukurieren. Und der Wintersport, der die fehlenden Einnahmen des Sommers ausgleichen sollte. Unglücklicherweise geschah das nicht und die Dorfpromenade mit ihren zahlreichen Geschäften wie Juweliere, Herrenschneider, Hutmode und Porzellanverkäufer verkamen zu einer Aneinanderreihung von bemitleidenswertem Leerstand. Auch einige wunderschöne Bauten der Belle Epoque sind vom Verfall gezeichnet. Auch heute noch. Mitten im Zentrum von Bad Gastein.

© Michael André Ankermüller

Ein Glück, dass sich mittlerweile zahlreiche innovative Akteure gefunden haben, um Bad Gastein wieder zu einem Ort zu machen, der in seiner Komplexität wohl einzigartig sein dürfte. Riesige Gründerzeitbauten, prachtvolle Hotels mit bis zu zwölf Stockwerken, vom Himmel direkt in das Gebirge gefallen. Verteilt auf mehreren Höhenmetern. Eine wunderschöne Promenade, die im Zentrum des Ortskerns beginnt und immer tiefer in die Natur führt. Und natürlich der Wasserfall, der durch den Ort in die Tiefe knallt.

Etwa eine Autostunde südlich von Salzburg, eröffnet sich eine faszinierende Welt, die so schön ist, dass ich nicht damit aufhören kann, immer wieder über das Gebirge, auf der anderen Seite über die Architektur des Ortes zu staunen. Und doch ist Bad Gastein anders als gewöhnliche, alpine Tourismusorte. Nicht soviel Chichi, keine grölenden Après Ski Proleten, sondern sommer.frische.kunst sowie designverliebte Hotels.

Ich sitze in der Bar des Hotel Miramonte, und habe in der vergangenen Stunde nichts anderes gemacht, als den Schneeflocken dabei zuzusehen, wie sie langsam vom Himmel fallen. Und wie mit jeder Schneeflocke langsam meine Anspannung der arbeitsintensiven Wochen vor Jahresende weniger wird. Das Hotel Miramonte in Bad Gastein ist ein ganz besonderer Ort, den man möglicherweise nicht sofort begreift. Das 60er Jahre Flair des Hauses ist auch heute noch zu spüren, ohne nur ansatzweise verstaubt zu wirken. Und man spürt immer wieder, dass man wirklich Gast ist und nicht in einem Haus einer seelenlosen Investorengruppe gelandet ist.

36 Zimmer hat das kleine Berghotel, welches ein gutes Beispiel dafür ist, wie die Zukunft von Bad Gastein aussehen könnte. Modern, bohème, vielleicht etwas avantgardistisch, aber nicht peinlich abgehoben. Sehnsuchtsorte habe ich zugegebenermaßen viele. Bad Gastein zum Beispiel.

Dieser Artikel ist erstmals auf Blog Bohème erschienen. Bad Gastein eignet sich wunderbar als Reiseziel in der Nebensaison.